Die Grazer Autorinnen Autorenversammlung


Zur Gründung der Grazer Autorenversammlung (GAV) 1) kam es 1973, & zwar in jener
Stadt, die den Vereinsnamen bis heute prägt; in Graz gab seit 1960 Alfred Kolleritsch
die "manuskripte" heraus, rund um diese Zeitschrift & um das "Forum Stadtpark" war
eine Atmosphäre entstanden, die aus heutiger Sicht die steirische Landeshauptstadt als
Epizentrum erscheinen lässt, von dem aus literarische Erschütterungen & von ihrer
Genialität erschütterte Literaten sich über halb Europa hinweg ausbreiteten.
Autoren, die Mitglieder der GAV sind, wohnen zumeist weder in Graz noch in der
Steiermark, sondern leben wie in einer echten Diaspora über den Staat Österreich &
darüber hinaus verstreut; die basisdemokratisch geführte Vereinigung hat sich also –
nicht nur geographisch – längst entgrenzt, trägt aber bis heute die Stadt ihrer
Gründerväter & -mütter im Namen internalisiert.
Mittlerweile befindet sich der Sitz der GAV in Wien, ein Büro in der ehemaligen
bescheidenen Wiener Wohnung Robert Musils in der Rasumofskygasse fungiert als Service- &
Organisationszentrum sowie Beschwerdestelle – ein überquellendes Büro, in dem auch
die Vorstandssitzungen abgehalten & die Generalversammlungen im Literarischen
Quartier der Alten Schmiede vorbereitet werden.
Mittlerweile geht es also zu wie in einem richtigen, ja typisch österreichischen Verein,
mit Austritten, Wiedereintritten & sonstigen Tritten ...
Doch zurück zu den mittlerweile nostalgisch verklärten 70er Jahren, zur Ursache der
Gründung der GAV (wo es doch ohnehin schon einen Verein für Schriftsteller gab,
nämlich den P.E.N.) 2): Die GAV entwickelte sich als Secession nach einer längeren
Debatte aus dem österreichischen P.E.N.-Klub, dessen Repräsentanten neuen
Literaturformen – sowohl experimentellen (Visuelle & Konkrete Poesie etc.) als auch
erzählenden "realistischen", gesellschaftsanalytischen – verständnislos bis ablehnend
gegenüberstanden. Abgesehen davon hatten im österreichischen P.E.N. nach wie vor
Mitglieder das Sagen, die sich nie von ihren literarischen & kulturpolitischen Aktivitäten
im österr. Ständestaat & während der nationalsozialistischen Herrschaft distanziert
hatten. Seither leistet sich das winzige Österreich den Luxus, zwei mehr oder weniger
rivalisierende Schriftstellervereinigungen ertragen zu müssen 3).
1987 wurde die GAV "regionalisiert", d.h. Mitglieder in den Bundesländern konnten sich
(vorausgesetzt sie wollten) als autonome Autorengruppe etablieren. Die GAV-OÖ ist seit
dieser Zeit ein wesentlicher Faktor im Literaturbetrieb des Landes, die Aktivitäten der
Vereinigung & jene einzelner Mitglieder (abgesehen von ihrem persönlich-individuellen
literarischen & künstlerischen Schaffen) sind längst ein innovativer, aber auch
verlässlicher Bestandteil des literarischen & kulturpolitischen Lebens in Oberösterreich.
Einige Beispiele: 22 Jahre wurde die programmatische Veranstaltungsreihe "Dichter
über Dichter" in Zusammenarbeit mit der VHS Linz (die Nachfolgeveranstaltung
nennt sich „Hommagen“) sowie die Reihe „linzer notate"jahrelang in Kooperation
von GAV & MAERZ organisiert & moderiert; schon 1990 entwickelte die GAV-OÖ Kontakte
zu tschechischen Kollegen, bevor noch die offiziellen Kulturkontakte zu greifen
begonnen hatten. Über Jahre hinweg gab es in Zusammenarbeit mit dem Stifterhaus Abende mit
tschechischen Autorinnen & Autoren, die Reihe wird, so wie der Austausch mit
Schriftstellerinnen & Schriftstellern aus Sachsen & Irland, fortgeführt. Auch der Austausch
mit anderen Bundesländern läuft seit Jahren.


1) Einige "Gründernamen": H.C. Artmann, Gerhard Rühm, Wolfgang Bauer, Ernst Jandl,
Friederike Mayröcker, Gerald Bisinger, Alfred Kolleritsch; aus Oberösterreich waren
dabei: Friedrich Achleitner, Heimrad Bäcker,Waltraud Seidlhofer, Josef Bauer, Peter Kraml & Fritz
Lichtenauer. Näheres dazu entnehmen Sie bitte der Homepage der GAV in Wien.
2) P.E.N.: Abkürzung für Poets, Essayists, Novelists; internationale
Schriftstellervereinigung, die eine Art geistiger Völkerbund von Leuten der "Feder"
(engl. pen) sein wollte, 1921 in London gegründet; der österr. PEN-Klub entstand 1922,
wurde 1938 aufgelöst (während des Krieges Exil-Pen-Club in London), 1947 wieder
gegründet.
3) Die IG AutorInnen wird hier als überparteiliche gewerkschaftliche Vertretung der
Autorinnen & Autoren gewertet.

Kontakt:
Grazer Autorinnen Autorenversammlung
Regionalgruppe Oberösterreich
www.gav-ooe.mur.at